Tuesday, January 31, 2006

Adele verabschiedet sich aus Operettistan



Das zuvor über Mozart Gesagte nehme ich reumütig zurück. Solange dieses Land nicht imstande ist, zu einer geistigen und kulturellen Größe zu (rückzu-) finden, müssen wir wohl oder übel ein Viertel Jahrtausend Rückschau halten ;-)


Mitten in den Mozartwirren, die nun im vollen Gange sind, bewegt die Kulturnation aber derzeit Anderes: Nach einem Schiedsspruch müssen nun 5 Klimtbilder, die der jüdischen Familie Bloch-Bauer von den Nazis geraubt wurden, von der Republik Österreich an die Erben in den USA zurückgegeben werden. Darunter die "Goldene Adele" (rechts).

Das gesamte Spektakel ist natürlich hochnotpeinlich, denn plötzlich haben die heimischen Stammtische auch noch die Hoheit über die kulturelle Identität Österreichs an sich gerissen. Über Nacht repräsentieren und retten nicht mehr die rein-deutschen Blechtafeln an den Ortseingängen im Kärntnerland/Koroska die österreichische Identität, sondern ein mit goldenem Blech verklebtes Bild von Gustav Klimt. Allerorten ist nur noch von "unseren Bildern" und "unserer Adele" die Rede, die die Republik oder g´stopfte Sponsoren dem Lande erhalten sollen.

Wir, die bekanntlich alles am besten wissen, sagen hingegen: Gebt die Bilder endlich zurück und entschuldigt euch bei der über 80jährigen Erbin Maria Altmann! Die Altösterreicherin hat jene Österreicher, mit denen sie im Rahmen der Rückgabeverhandlungen zu tun hatte, übrigens in einem Interview mit einer Schweizer Zeitung recht treffend folgendermaßen charakterisiert: "charmant aber niederträchtig". Charmant war wohl irgendein schmieriger Ministerialbeamter, niederträchtig gewiss seine Chefin, Handarbeitslehrerin und Kulturministerin Gehrer.

Wie dem auch sei: Für Richard und mich bot dies jedenfalls Anlass, unseren Bobo-Alltag zu nutzen, um endlich den seit 15 Jahren geplanten Besuch im Oberen Belvedere zu absolvieren und auch die geschätzte 150 Millionen Dollar (!) schwere Adele im Original zu betrachten. Kaum schlug die Pummerin 10 Uhr vormittags, standen wir auch schon auf der Matte des Oberen Belvederes: Denn das was für Museumsstücke im allgemeinen gilt, nämlich, dass sie einem nicht davonlaufen, das kann man von der Adele nun ja wirklich nicht sagen.
Wobei: In Operettistan verschwinden gar nicht allzu selten ausgerechnet die wertvollsten Stücke aus den Museen. Im Geiste das Vorbild des feschen Saliera-Räubers, wurde unser Museumsbesuch auch gleich zur Factfinding Mission, wie wir die wesentlich schönere Adele Bloch Bauer 2 (links) in einem lustigen Coup am Wochenende entwenden könnten.
Da uns Nachahmung aber zu billig erscheint, beließen wir es beim Gedankenexperiment und visualisierten halt nur, wie ein buntes Klimt-Original in unsere ebenfalls visualisierten großbürgerlichen Wohnungen passen würde...

Nur für den Fall, dass diese charmante Nachricht noch nicht über diverse größere oder kleine Teiche gedrungen ist:
Die ebenfalls euromillionenschwere Saliera, vor drei Jahren aus dem KHM gestohlen, lag all die Jahre in einem Samsonite-Koffer unter einem Bett in der Westbahnstraße und zuletzt in einem Wald in NÖ! Zerplatzt also die Seifenblase von den international organisierten Kunsträubern: es war nur eine b´soffene G´schicht eines 50jährigen, auffällig feschen Neubauers, der übers Baugerüst eingestiegen war. Das einzige Hindernis, das sich ihm in den Weg gestellt hatte: eine Jalousie. Mang, so der Name des Inhabers eines Alarmanlagengeschäftes in der Kirchengasse, kletterte wieder runter, holte ein Stanleymesser aus dem Auto und zerschnitt die Jalousie!
Du glückliches Österreich! :-)



Typisch Massenhysterie: während sich alle um die zu restituierenden fünf Klimtbilder drängen, werden andere Schätze Klimts von den sensationsgeilen BesucherInnen links liegen gelassen.

Und so bleibt uns die Muße, diese schönen Bilder (rechts mein Lieblingsbild Schieles, das Porträt einer böhmischen Hausmauer) in aller Ruhe zu betrachten.

Ja, wir 2 Bobos haben diesen Museumstag sichtlich genossen. Hoffentlich auch du, liebe(r) FreundIn!

Im Übrigen bin ich der Meinung, dass Fotografieren in österreichischen Museen strengstens verboten ist, aber das ist der Kunstraub genannte Kavaliersdelikt schließlich auch.

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